Aus der Region


Beziehungskisten im Blick

„Liebe ist das Einzige, was nicht weniger wird, wenn wir es verschwenden.“ So sah es seinerzeit die deutsche Dichterin Ricarda Huch. Wie man in dieser Gesellschaft Beziehung gestalten kann, und was das Wesen der Liebe tatsächlich ausmacht, derartigen Grundfragen ging der amerikanische Psychoanalytiker und Philosoph deutscher Abstammung Erich Fromm nach.

Aus aktuellem Anlass – Fromm wäre heuer 100 Jahre alt geworden – widmete die Volkshochschule in Oberasbach einen Vortragsabend dem Thema „Die Kunst des Liebens oder der Kampf der Geschlechter“. Mit dem Theologen und Psychotherapeuten Helmut Johach, Mitglied der Erich-Fromm-Gesellschaft, stand ein Kenner der Materie vor dem Publikum.

Die Frage: „Liebe was ist das?“, heute aktueller denn je, verknüpft Johach auch mit seiner Tätigkeit als Suchttherapeut in der Fachklinik in Weihersmühle.

Häufig verwechselt

Dass Liebe häufig mit erotischem Begehren verwechselt wird und sich Partnerschaften oftmals ausschließlich darauf aufbauen, war ein Teil des Themas. Nach Fromm ist Liebe kein Gefühl, dem sich jeder ohne Rücksicht auf den Grad der eigenen Reife einfach hinzugeben braucht. Alle Versuche zu lieben, müssen fehlschlagen, wenn der Mensch nicht gleichzeitig aktiv versucht, seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln.

Grundidee ist die Isolation, der man nach der Geburt ausgesetzt sei. Um diese zu überwinden, schließe man sich instinktiv anderen an, um lieben zu lassen. Aber ganz so einfach funktioniert das nicht, Liebe ist eine Kunst und ist Aktivität, also ein hartes Stück Arbeit, wenn es nach Fromm geht. Die Sackgasse ist, dass man alles tut, um sich liebenswert zu machen, anstatt selbst zu lieben. Der Weg der Männer führt über Erfolg und Macht, der der Frauen über Mode, Kosmetik und nicht zuletzt manchmal immer noch über Anpassung.

Eine Sackgasse

Lieben wird – so der Referent – dann zur Kunst, wenn man es schafft, den Partner zu lassen wie er ist, anstatt ihn nach eigenen Vorstellungen ändern zu wollen. Jeder kennt die Situation: Mann oder Frau kommt abends gestresst und verärgert nach Hause, die Nerven liegen bloß, und man möchte nur noch seine Ruhe haben. Zu Hause aber wird man mit sehnsüchtigen Erwartungshaltungen überfrachtet. Läuft dann nichts mehr, kommt es häufig zum Krach.

In unserer modernen Marketinggesellschaft sei die Liebe inzwischen zum bloßen Tauschobjekt verkommen, nach dem Motto:“ Ich gebe nur etwas, wenn ich auch etwas dafür bekomme.“ Fromm betont dagegen: „Liebe gibt, ohne zurückzuerwarten.“

Rollenbilder

Auch Rollenbilder von Mann und Frau hängen von der bestehenden Ausprägung des vorherrschenden Gesellschaftscharakters ab, der zurzeit dahingehend tendiert, dass Männer im Geschäftsleben aggressiv und tüchtig sein sollen, daheim aber verständnisvoll und zärtlich.

Daraus resultierende Ängste sind bei Männern Versagensangst und bei Frauen Angst vor Frustration, Abhängigkeit und allein gelassen zu werden. In einer guten Beziehung, so Fromm, sollten dem Partner diese Ängste bekannt sein und berücksichtigt werden. Und wieder einmal läuft es vor allem auf Arbeit hinaus.

Fürther Nachrichten