Aus der Region


Konfliktlösung im Aussöhnungsprozess

Zwei Jugendliche im Alter von 14 und 16 Jahren sitzen sich gegenüber. Einer von ihnen ist straffällig geworden, der andere das Opfer. Der Ältere hatte den Jüngeren auf dem Nachhauseweg von der Schule brutal zusammengeschlagen und ihm seine gesamte Habe abgenommen.

Der 14 jährige, der bis zu diesem Tag unter der Tat litt, hatte einfach aus dem Gedächtnis gestrichen, wie sein Peiniger aussah. Groß und furchterregend war das einzige, was er noch wusste, und seitdem war die Angst vor Jungs aus höheren Schulklassen sein ständiger Begleiter.

Nachdem die Eltern des Geschädigten Anzeige erstattet hatten, sahen sich die Mitarbeiter des Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) auf den Plan gerufen, um den Jugendlichen eine alternative Form der Aussöhnung statt der herkömmlichen Geld- oder Freiheitsstrafe anzubieten.

Neue Situation

Es braucht schon Mut von beiden Seiten, sich überhaupt auf eine Zusammenführung zwischen Opfer und Täter einzulassen. Als jedoch der geschlagene Junge den anderen zu Gesicht bekam, konnte er zu seiner großen Erleichterung feststellen, dass der Ältere kaum größer war als er selbst und eher verschlossen als furchterregend wirkte.

Den Erfahrungen des TOA zufolge leiden Opfer – gerade nach Gewalttätigkeiten – oft noch lange. Sie fühlen sich selbst an öffentlichen Plätzen unsicher, geraten in Selbstzweifel und empfinden Schuldgefühle sich selbst gegenüber. Sie erachten sich als nicht ernst genommen oder halten sich für zu unwichtig, neigen dazu die eigenen Schwächen oftmals überzubewerten und denken irrtümlich, sie seien als Opfer prädestiniert: Ein Teufelskreis, der nicht leicht zu durchbrechen ist…………………………………………………………………

Inzwischen gibt es das vom bayerischen Landesjugendamt ins Leben gerufene Projekt in mehreren Bundesländern. Die Mitarbeiter verstehen den TOA, der sich an junge Menschen zwischen 14 und 21 Jahren richtet, nicht als erzieherische Maßnahme, sondern als einen freiwillig gewählten Weg zur Konfliktlösung und zum Schadensausgleich, sowohl in materieller als auch in psychologischer Hinsicht.


Bewusstseinswandel ist angestrebt

Mut zur Eigeninitiative steht hier gegen Strafe und Standpauken, wobei es sich von selbst versteht, unter welchen Umständen sich eher ein Bewusstseinswandel bei den jugendlichen Straftätern vollziehen könnte.

Der gelegentliche Vorwurf von manchen betroffenen Eltern, hier werde das Opfer zum Täter gemacht, lässt die laut TOA oft nicht eindeutigen Grenzen unberücksichtigt: Wenn das Opfer überzogene Forderungen stellt, wird es selbst ein wenig zum Täter, oder wenn der Täter bereit ist, zu hohe Erwartungen zu erfüllen, findet er sich schnell in der Opferrolle wieder.

Um den Jugendlichen zu helfen, sich besser an der Realität zu orientieren, treten hier die Mitarbeiter des TOA als Vermittler auf und die Betroffenen entscheiden gemeinsam, welche Ausgleichsleistungen sie für angemessen halten.

Auszug, Fürther Nachrichten